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Bewegung = Training?

Ist Bewegung gleich Training?

Heute schon die Stiegen genommen, Fenster geputzt oder im Garten gearbeitet? All diese Tätigkeiten können den Körper durchaus fordern und anstrengend sein, doch wird es dadurch zum Training?

 

Im Alltag begegnet uns häufig die Annahme, dass jede Form der körperlichen Aktivität – sei es Spazierengehen, Hausarbeit oder das gelegentliche Radfahren – automatisch auch als „Training“ zu bewerten ist. Aus sportwissenschaftlicher Sicht ist diese Gleichsetzung jedoch nicht haltbar. Bewegung und Training unterscheiden sich grundlegend in Zielsetzung, Struktur und Wirkung auf den Organismus.

 

Bewegung vs. Training – lass uns unterscheiden:

 

  • Bewegung umfasst alle Formen der körperlichen Aktivität, unabhängig von Intensität, Ziel oder Systematik. 
  • Training hingegen ist ein zielgerichteter, systematischer Prozess, der auf die Verbesserung spezifischer körperlicher Leistungsparameter (z. B. Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit) abzielt. Es folgt bestimmten Prinzipien der Trainingswissenschaft und ist planbar sowie dosierbar. 

 

Das Modell der Superkompensation

 

Ein zentrales Konzept zur Erklärung von Trainingseffekten ist das Modell der Superkompensation. Es beschreibt, wie der Körper auf gezielte Belastungsreize reagiert:

 

  1. Belastung: Eine Trainingseinheit stört das Gleichgewicht des Organismus (Homöostase), etwa durch Ermüdung der Muskulatur oder des Herz-Kreislauf-Systems.
  2. Erholung: In der anschließenden Regenerationsphase stellt der Körper das Gleichgewicht nicht nur wieder her, sondern verbessert seine Leistungsfähigkeit über das ursprüngliche Niveau hinaus.
  3. Superkompensation: Wird innerhalb dieses „Fensters“ erneut gezielt trainiert, kann eine progressive Leistungssteigerung erzielt werden.
  4. Fehlende Belastung: Erfolgt kein weiterer Reiz, kehrt der Körper wieder zum Ausgangsniveau zurück – ein typischer Effekt bei unsystematischer Bewegung.

 

Alltagsbewegung erreicht in der Regel nicht die notwendige Reizschwelle, um die Superkompensation auszulösen, da sie zu niedrigintensiv, zu unregelmäßig und oft zu unspezifisch ist.

 

Damit Bewegung zum Training wird, müssen grundlegende Prinzipien beachtet werden:

 

  • Belastung und Erholung: Training wirkt nur, wenn Belastungs- und Erholungsphasen im richtigen Verhältnis stehen.
  • Progressive Belastungssteigerung: Der Reiz muss regelmäßig angepasst werden, um neue Anpassungen zu provozieren.
  • Spezifität: Der Trainingsreiz muss spezifisch auf die angestrebte Fähigkeit ausgerichtet sein.
  • Individualisierung: Trainingsmaßnahmen müssen an den Leistungsstand und die Bedürfnisse der Person angepasst sein.
  • Variation: Abwechslung im Trainingsaufbau verhindert Stagnation und Überlastung.

 

Bewegung ist zweifellos gesundheitsförderlich – sie ersetzt jedoch kein strukturiertes Training, wenn das Ziel eine gezielte Leistungsverbesserung oder langfristige Anpassung des Körpers ist. Erst durch die systematische Anwendung trainingswissenschaftlicher Prinzipien wird aus Bewegung ein wirksames Training. Wer nachhaltige Fortschritte erzielen will, sollte sich nicht nur bewegen, sondern mit einem Plan ins Training starten.